Textstreich. 2019

Eine Kooperation von PROSANOVA (DE), LITERAARE (CH) und NARR – das narrativistische Literaturmagazin (CH)

Die Gewinner*Innen 2019:

Rosa Engelhardt

Robert Prosser (Jurymitglied) zum Gewinnertext UNTERTAUCHEN von Rosa Engelhardt

Rosa Engelhardt wagt viel mit diesem Text: Sie schreibt einen weiten Bogen, aus dem Einzelnen ins Gesamte, aus dem Himmel in den Ozean. Hoch zielend, tief schürfend, erschafft sie eine eigene poetische Welt der Grabungen, Versuchsanordnungen, der Verletzungen, Attacken und Versöhnungen. Die Reibung der Kontinentalplatten, die Konfliktzonen menschlicher Beziehungen: Gekonnt werden Welt und Ich ineinander gesponnen, um sie im nächsten Moment aus dieser innigen Umarmung wieder herauszureissen. Unter:tauchen überzeugt als verschriftlichte Gewalt, die in ihrem Vorwärtsdrang mitreisst und zugleich schockt in den Spuren, die sie auf den Körpern hinterlässt.

Kim de l’Horizon

Tamaris Mayer (Jurymitglied) zum Gewinnertext JASON von Kim de l'Horizon

Ein in sich stimmiger, mehrsprachiger Spoken-Word-Text; nonchalant und ziemlich heftig. Eine Ode an Jason, den psychisch instabilen ersten Freund des Erzählers, der immer wieder neue Sprachbilder und Wortspiele erfinden muss, um den in die Tiefe abtauchenden Jason zu fassen zu bekommen: «min erscht echt Fründ isch e Töifseefisch gsi / wiit wiit unger sire Huut umenang gschwumme». Auf wenigen Zeilen wird eine traurige Liebesgeschichte erzählt; in Englisch, Mundart, Französisch, Hochdeutsch und aus verschiedenen Perspektiven wie Erinnerungen, Tattoos und einem ungeschriebenen Text im Text.

Jan Seibert

Mirjam Wittig (Jurymitglied) zum Gewinnertext GEGENSTÄNDE von Jan Seibert

In Jan Seiberts Mikro-Zyklus «Gegenstände» leuchten die Begriffe wie Bühnenlampen.
Das tun sie, weil Jan Seibert sie zu spielen versteht. Sprachphilosophischen Fragen nach Kontext, Beschreibung, Deutung stellt er den Alltag zur Seite: die Brille auf dem Fensterbrett, die Möbel im Zimmer, die Vollmilch im Kaffee. Die feinen Gebilde, die entstehen, kleine Meditationen, lassen uns innehalten und den Gegenständen (in allen Sinnen des Wortes) nachlauschen, die er uns neu zeigt.